1. Die eingemauerte Prinzessin

Das frühere Harburger Schloss barg ein schreckliches Geheimnis, von dem heute nur wenige Menschen noch wissen. In ihm wurde eine Prinzessin eingemauert und starb jämmerlich. Die hübsche junge Prinzessin befand sich damals zu Besuch im Schloss und eroberte die Herzen beider Söhne des Herzogs von Harburg im Sturm. Beide waren entschlossen die Jungfrau zur Ehefrau zu nehmen und baten sie um ihre Hand. Das brachte die Prinzessen in einen Zwiespalt, aber sie entschied sich für den jüngeren der beiden Harburger Prinzen. Der abgewiesene Ältere wurde rasend vor Wut und Enttäuschung. Kaum war der jüngere Bruder eines Tages auf der Jagd, befahl der Ältere seinen Knechten, die schöne Prinzessin zu ergreifen und in einem entlegenen Raum des Schlosses lebendig einzumauern. Als sein jüngerer Bruder am Abend heimkehrte, suchte er vergeblich nach seiner Verlobten. Sie war und blieb spurlos verschwunden. Sein Unglück veranlasste ihn das Schloss für immer zu verlassen und durch die Welt zu reisen. Der ältere Bruder blieb auf der Burg, wie auch die schöne Prinzessin, die nach dem Tod keine Ruhe fand und als weiße Dame über Jahrhunderte durch das Schloss spukte.

Die Nachkommen der beiden Brüder ließen für die Schlosskapelle ein Steinbildnis erreichten, das die schöne Prinzessin zeigt, vor der zwei Jünglinge knien, die ihr einen Lorbeerkranz reichen.

Anfang des 18. Jahrhunderts ließ der neue Schlossherr, Feldmarschall von Spörcken, die vermauerte Tür zu dem Zimmer aufbrechen. Was man entdeckte, schien die Sage zu bestätigen, denn neben einem halb verfallenen Tisch mit einem Messingleuchter fand man Knochen auf dem Erdboden, die man als letzte Überreste der Prinzessin deutete.

Die weiße Dame hat sich nie mehr gezeigt, aber das liegt auch daran, dass das Harburger Schloss abgebrannt ist. Auch das steinerne Bildnis fiel dem Brand zum Opfer, und so erinnert sich kaum noch jemand an die schöne Prinzessin im Harburger Schloss, die auf so tragische Weise den Tod fand.

[Quelle: Erzählt nach: Gerhard Eckert: Die schönsten Sagen aus Hamburg, Essen 1982. S. 66-67.]

  1. Der Falkenberg bei Neugraben

Auf dem Falkenberg stand vor langer Zeit eine Burg, die dem Ritter Bodo vom Falkenberg gehörte. Er häufte Unmengen von Schätzen durch Überfalle an. Um diese auch sicher zu verwahren, ließ er sich einen großen, eisernen Kasten bauen. Bei einem großen Festgelage auf der Burg brach plötzlich ein furchtbares Gewitter aus. Ein greller Blitzschlag zuckte auf die Burg nieder und erschlag den Ritter und mit ihm wurde seine Burg bis auf den letzten Stein zerstört. Der eiserne Kasten mit seinen Schätzen aber sank tief in den Berg hinein. Er kann nur gehoben werden, wenn sieben Brüder ihn ausgraben und dabei kein Wort sprechen.

Tatsächlich kamen einmal sieben Brüder aus der Ferne am Falkenberg vorbei. Als sie von dem Schatz hörten, beschlossen sie ihn zu bergen. Sie erstiegen den Berg und begannen im gegenseitigen Stillschweigen zu graben. Endlich stießen sie auf eine eiserne Kiste. Bei dem Anblick war der Jüngste von den Brüdern so erfreut, dass er laut rief: „Gottlob und Dank!“. Kaum hatte er das gesagt, versank der Kasten mit furchtbarem Krachen wieder im Berg und die Kuhle schloss sich hinter ihm. So wurde der Schatz bis heute nicht gehoben und liegt tief verborgen im Falkenberg.

[Quelle: Erzählt nach: Wilhelm Marquardt: Sagen, Märchen und Geschichten des Kreises Harburg, Band 2, (Veröffentlichungen des Helms Museums, Nr. 16) Buchholz i.d.N. 1963. S. 85-86.]